Paul Plinzner

Bild von Paul Plinzner

Paul Plinzner wurde schon mit 22 Jahren Leibstallmeister des letzten deutschen Kaisers, eine Spitzenstellung, um die ihn viele Kollegen beneideten. Diese Stellung erwarb er sich durch seine Fähigkeit, Pferde auszubilden, die mit leichtester Hand geritten werden konnten. Willhelm 2 war darauf angewiesen, da er eine Hand wegen eines Geburtsfehlers nur eingeschränkt gebrauchen konnte. Seine Reitweise wurde von seinen Neidern ständig diffamiert. "Plinznern" wurde zu einem Synonym für Riegeln und Zusammenziehen. (Vielleicht wegen dieses, wirklich sehr unvorteilhaften Bildes) Liest man seine Bücher, so kann man die vehemente Ablehnung seiner Methoden nicht verstehen. Es gibt bis heute kaum klarer und besser formulierte Lehrbücher über die Reiterei, wobei zu berücksichtigen ist, daß er nicht über Hohe Schule, sondern von der Ausbildung des Soldatenpferdes und des Kavalleristen redet. Ihm ist zu verdanken daß Gustav Steinbrechts "Gymnasium des Perdes", dessen zweite Hälfte er selbst verfasst hat nicht veschollen blieb.

Aus Kapitel 2: Die Einwirkung der Hände

Bei einem gut durchgearbeiteten, in "weicher Anlehnung" galoppierenden Pferde wird der Erfolg eines oder mehrerer in richtigen Momenten angebrachter "durchgehender Anzüge" bei sich leise fühlen lassendem Sporn der sein, daß das Gefühl in der Hand ein noch leichteres wird, so daß fast gar kein Gewicht mehr in derselben ruht. Dieser Moment des Übergangs von der "weichen" zur "leichten Anlehnung" sind es dann, in denen das Pferd, welches somit seine unbedingte "Durchlässigkeit" bekundet hat, dadurch belohnt werden kann, daß durch Vorgehen mit der Zügelhand die "Anlehnung" ganz aufgegeben wird, so daß dann das Pferd, nur im Bewußtsein der Nähe des Sporns, seinen Hals noch mehr rundend und auf dem Gebiß kauend, relativ selbständig in "Haltung ohne Anlehnung" vorwärts geht und dem Reiter das Gefühl größter Sicherheit und Behaglichkeit verschafft. Sowie nun der Reiter die mindeste Neigung des Pferdes merkt, die Haltung aufzugeben, sich lang zu machen, wird er sofort die Fühlung der Hand mit dem Maule, d.h. die "Anlehnung" und zwar die "weiche Anlehnung", wieder aufnehmen und durch leises fühlen lassen des Sporns dem wirklichen Verlorengehen der Haltung vorbeugen, um alsbald durch arret-artiges Zusammenwirken von Hand und

Schenkel wieder zur "leichten Anlehnung" und von dieser zum Reiten "in Haltung zurückzukehren. Indem so die Selbständigkeit des Pferdes nach Möglichkeit befördert und sein Maul stets frisch erhalten wird, wird der Notwendigkeit der "festen Anlehnung" in dem Maße vorgebeugt werden, als das Pferd reell durchgearbeitet ist und der Reiter die Einwirkung zur Erhaltung der "Durchlässigkeit" mit Geschick anzuwenden versteht. Wir nennen dieses Verhalten des Reiters, wobei er zwischen der "weichen Anlehnung", der "leichten Anlehnung" und den Reiten "in Haltung ohne Anlehnung" in einer durch sein Gefühl für "Durchlässigkeit" geregelten Weise wechselt, das Reiten mit "wechselnder Anlehnung" und besitzen darin zugleich das Mittel, der Neigung der Leute, aus Mangel an Selbstkontrolle mit der Hand starr und fest zu werden, erfolgreich zu begegnen. Da nämlich dieses Starr- und Festwerden aus der Passivität entsteht, welche die Selbstkontrolle einschläfert, so wird in dem Maße vorgebeugt werden, als dem Manne ein aktives Verhalten selbstverständliches Erfordernis des Reitens und festetehende Gewohnheit geworden ist.


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